Warum ich diesen Brief (genauer gesagt, die Kopie davon) aufbewahrt habe? Warum ich ihn hier veröffentliche? Ich glaube, zu seiner Zeit war er ein Zeichen meines wachsenden Selbstvertrauens, meiner Entwicklung. Heute kann ich sagen, dass ich beim „Umkrempeln“ meines Lebens richtig vorgegangen bin. Von Anfang an war ich ehrlich zu mir selbst, zu meiner Familie und zu meinen Freunden. Es gab für mich nur diesen einen Weg – den Weg der Offenheit, um nach vorn zu gehen.
In dieser überarbeiteten Fassung sind zwei meiner früheren Blogartikel vereint: „Ein Ort zum Innehalten“ und „Zwei Orte – zwei Charaktere“. Ich finde, sie gehören zusammen, handelt es sich doch um meine Vorfahren. Die Geschichte ist ebenso im Almanach 2022 der Deutschen aus UdSSR-Nachfolgestaaten enthalten („Hier war ich, dort bin ich“).
Der Dresden-Urlaub ist nun vorbei und liegt schon fast zwei Wochen zurück. Wir haben viel gesehen; anstrengend war er allerdings auch – wegen der Hitze und vielem Laufen. So jung sind wir ja leider nicht mehr.
Heute ist mir danach, von den Wohnverhältnissen zu erzählen, die einst in dem Land herrschten, wo ich einmal war und wo ich nie mehr sein würde (zum Glück), konkret – wie sie mich betrafen.
Im vorigen Beitrag hatte ich ja erwähnt, dass ich 2003 meine alte Heimat besuchte. Zu dieser Zeit war die Atmosphäre in Russland eine andere, man dachte (zumindest hoffte man), das Land sei auf dem guten Weg. Heute besteht kaum noch eine Chance und auch das wenige Positive ist fast gänzlich durch Repressalien und unter ausgebreitetem Größenwahn der Bevölkerung vernichtet worden. Putin und sein Gefolge haben es geschafft, Russland in den Abgrund zu stürzen. Daraus wieder nach oben zu...
Manchmal rufe ich in Google Maps meinen Wohnort aus dem früheren Leben auf. Es ist ein seltsames Gefühl, die Straße und das Haus zu sehen, in dem ich 17 Jahre meines erwachsenen Lebens verbracht habe – bis Mitte November 1992. Mich wieder in diese andere Welt, wenn auch nur gedanklich, zurückzuversetzen, fällt mir schwer und bringt mich in eine albtraumhafte Stimmung. Es ist wie an einen Ort des Schreckens zurückzugehen – du fürchtest dich davor, aber gleichzeitig zieht es dich hin.
Was würde mein Mann und nach unserer Trennung – mein lieber Freund zum Krieg in der Ukraine sagen? Als Russe hatte er einen viel engeren, persönlicheren Bezug zu Russland als ich. Allein schon aus dem Grund, weil dort seine Verwandte und ArbeitskollegInnen lebten. Dort sind seine Eltern und sein Bruder beerdigt.
Wenn etwas Wichtiges ungesagt bleibt oder du sogar bewusst etwas vor einem nahestehenden Menschen verheimlicht hast, dann beschäftigt dich das auch nach seinem Tod. Jedenfalls geht es mir so in Bezug auf meine Eltern.
20. Waren Sie als Kind oft krank? Als Kind war ich kaum krank. Ich hatte zwar ab und zu Ohren- oder Halsschmerzen, aber sonst, was den Körper angeht, nichts Gravierendes. Zum Glück hatte ich auch keine Zahnprobleme und blieb somit von den damaligen grausigen Behandlungen verschont.